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Sonntage im Dampf – Teil 7: „Die Aufgussapokalypse“

Sonntage im Dampf – Teil 7: „Die Aufgussapokalypse“

In der Sauna, meinem sonntäglichen Zufluchtsort, war ich, Herbert, gewohnt an die Routine, die wiederkehrenden Gesichter, die vertrauten Dampfwolken. Doch nichts hätte mich auf die Ereignisse jenes Sonntags vorbereiten können, als die Sauna zu einem Schauplatz wurde, der mehr einem absurden Theaterstück glich als der friedlichen Oase, die ich zu kennen glaubte.

Es begann alles harmlos, mit einem neuen Aufgussmeister, einem jungen Mann mit dem selbstsicheren Auftreten eines erfahrenen Schamanen. Er nannte sich Ragnar und versprach uns eine „Aufgussapokalypse“, eine Reinigung nicht nur der Poren, sondern der Seele. Seine Worte waren groß, seine Gesten theatralisch, und ich, Herbert, konnte nur müde lächeln. Wieder einer, der glaubt, mit ein paar Kräutern und heißem Wasser die Welt retten zu können.

Die ersten Minuten waren wie immer, heiß und feucht, doch dann begann Ragnar sein Werk. Mit einer theatralischen Geste warf er eine Mischung auf die Steine, die so intensiv war, dass ich für einen Moment dachte, meine letzte Stunde hätte geschlagen. Der Dampf, der aufstieg, war nicht von dieser Welt. Er roch nach Abenteuer, nach Gefahr, nach… Pfeffer?

Die Reaktionen waren instantan. Ein Hustenchor erfüllte den Raum, Tränen liefen über gerötete Wangen, und ich, inmitten dieses Chaos, konnte nur den Kopf schütteln. So viel zum Thema Reinigung der Seele. Die einzige Reinigung, die hier stattfand, war die der Nasennebenhöhlen.

„Das ist die Aufgussapokalypse!“, rief Ragnar, sichtlich zufrieden mit dem pandemonium, das er ausgelöst hatte. „Lasst es geschehen! Lasst es durch euch durch!“

Schwurbula, der sonst so weise Saunaprophet, war der Erste, der fluchtartig den Raum verließ, gefolgt von der traurigen Dame mit dem Ehering, die wahrscheinlich beschlossen hatte, dass sie genug echte Apokalypsen in ihrem Leben erlebt hatte. Selbst der Banker, der sonst jede Hitze mit stoischer Ruhe ertrug, wankte an mir vorbei, ein gebrochener Mann.

Ich blieb zurück, nicht aus Mut, sondern weil meine Beine sich weigerten, ihren Dienst zu tun. Ragnar, der Aufgussapokalyptiker, stand triumphierend inmitten des Nebels, ein Lächeln auf den Lippen, das mir sagte, dass dieser Sonntag nur der Anfang war.

Als ich endlich die Sauna verließ, die Luft in der Umkleidekabine einatmete wie ein Ertrinkender den ersten Atemzug nach der Rettung, wusste ich, dass nichts mehr so sein würde wie zuvor. Die Sauna war nicht mehr nur ein Ort der Ruhe und Entspannung, sie war ein Schlachtfeld geworden, ein Ort, an dem man nicht nur gegen den eigenen Schweiß kämpfte, sondern gegen die Dämonen der Aufgussapokalypse.

Und ich, Herbert, der stille Beobachter, musste mir eingestehen, dass selbst in der vertrautesten aller Welten, in der Hitze der Sauna, das Leben immer bereit war, dich zu überraschen – mit einem Aufguss, der mehr war als nur heißes Wasser und Duftöl, ein Aufguss, der eine Apokalypse war, eine wilde, chaotische, unwiderstehliche Apokalypse des Dampfes.

(All rights reserved. Copyright by Michael Schaller)

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